Letzten Freitag besuchte der Besetzer*innenrat des Kartäuserwall 14 die Wohnorte von drei Wohnungseigentümern, die in Köln aktiv die Zerstörung von bezahlbaren und intaktem Wohnraum vorantreiben.
In der Nachbarschaft von Heinrich Gieraths, Thomas Wagner und Klaus G. Sack landeten mehrere hundert Flyer in Briefkästen, wurden an Vorbeikommende verteilt und an Autoscheiben geklemmt. Die Flyer waren an die Anwohnenden adressiert und berichten davon, dass die drei als Wohnungseigentümer freie Hand haben, um Menschen mit rechtlichen und anderen Mitteln vor die Tür zu setzten, Mieterschutz und Wohnraumzweckenfremdungsgesetze hin oder her.
Der Tag begann am frühen Vormittag mit einem Ausflug ins Kölner Umland, in die Lessingstr. 17 in Lülsdorf, einem Städtchen am Rhein und Wohnort von Heinrich Gieraths. Gieraths Geschäftspartner Andreas Sindermann wurde schon kurz nach der Räumung des Kartäuserwall 14 Anfang Oktober in seinem Büro/seiner Wohnung in der Rochusstr. 33 in Köln besucht. Wie an jenem Tag ergaben sich auch auf den Straßen Lülsdorf schnell Gespräche mit einigen der Nachbarn, die gut informiert über Gieraths Vorgehen am Kartäuserwall 14 sind. Sie fanden den Besuch gut und sind selber nicht Einverstanden mit Gieraths Geschäftsgebaren.
Danach ging es zurück nach Köln, Richtung Kalk, in die Taunusstr. 22, dem Wohnort von Thomas Wagner. Neben Flyerverteilen wurden dort Flyer an der Eingangstür von Nummer 22 und den umliegenden Straßen plakatiert. In Kalk wird höherpreisiger Wohnraum auch von der Bezirksverwaltung gefordert, um die „soziale Durchmischung“ des Stadtteils zu steuern. Für Menschen mit höheren Einkommen soll das Viertel attraktiv gemacht werden: die große Wohngemeinschaft in der Rolshoverstr 12 musste nach 26 Jahren wegen Eigenbedarf von Thomas Wagner raus, der dort sanieren und einzelne Wohnungen vermieten möchte; verschiedene Neubauprojekte der letzten Jahre auf den ehemaligen Industrieflächen führen zu einer Zerstückelung und Trennung des Stadtteils in teurere Wohnsiedlungen und dem Rest; mit dem Umbau des seit drei Jahren leer stehenden Kaufhofs will ein Investor unter anderem fast 100 Wohnungen im oberen Bereich des Mietspiegels anbieten. Dadurch steigt der Mietspiegel in Kalk für alle und die, die es sich nicht mehr leisten können, müssen sehen wo sie bleiben.
Die letzte Station des Ausflugs war die Wohnung von Klaus G. Sack in der Arnoldsstr. 16, im anliegenden Stadtteil Köln Deutz. Klaus G. Sack geht bei seinen Aktionen gegen Familie Cinci aus dem Ferkulum 13 in der Südstadt soweit, das Leben der dort Wohnenden zu gefährden, um sie aus dem Haus zu drängen. Wie Gieraths/Sindermann wird Sack als Eigentümer vor Gericht bevorzugt behandelt, den Betroffenen wird dagegen wenig Glauben geschenkt, ihnen ihr Recht auf Wohnen abgesprochen.
Die Räumung des Kartäuserwall 14 Anfang Oktober bedeutete diesmal keinesfalls, dass das Thema für uns gegessen ist. Der Zuspruch und die Teilnahme hat sich seit der Besetzung vergrößert, es finden verschiedenen kleinere und grössere Aktionen statt, die Kampagnencharakter bekommen könnten. Die Wohnraumsituation in Köln ist alles andere als entspannt und Leute wie Gieraths und Co sind darin aktiv Handelnde, genauso wie Stadtpolitik, Verwaltung oder Polizei. Die letzten drei Monate haben den Raum eröffnet, um zusammen zu kommen und sich gemeinsam zu unterstützen.
Die Wintermonate sollen heiß werden.
Der Besetzer*innenrat des Kartäuserwall 14
Auf den Flyern an die Nachbarschaft von Gieraths, Wagner und Sack war folgendes zu lesen:
Miethaie zu Fischstäbchen!!! Worum geht es uns? Um Wohnraum für alle!
Wie in vielen Großstädten Europas, explodieren auch in Köln die Mietpreise immer weiter. In Veedeln wie Ehrenfeld, der Innenstadt, Deutz und vor allem der Kölner Südstadt gibt es immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Menschen werden gezielt aus ihren Wohnungen geklagt, zwangsgeräumt oder sind wegen der zu hohen Miete gezwungen, sich eine andere Wohnung zu suchen oder werden wohnungslos. So etwas nennt sich Vertreibung. Dieser Mietterror ist für viele Menschen nicht mehr ertragbar und geht vielen Betroffenen an die Substanz. Wie auch in anderen Großstädten regt sich gegen diese Politik der Vertreibung Widerstand.
Die Besetzung des Kartäuserwalls 14 hat viele Nachbar*innen darauf aufmerksam gemacht und motiviert. In den vier Wochen der Besetzung, entwickelte sich der Kartäuserwall 14 zu einem Treffpunkt für Nachbar*innen und Betroffene die sich über dieses Thema intensiv austauschten.
Stadtteilvertreibung hat viele Namen und Gesichter wie zum Beispiel…
Heinrich Gieraths, wohnhaft: Lessingstr.17, Niederkassel-Lülsdorf
Ihr Nachbar Herr Heinrich Gieraths und sein Geschäftspartner Horst Sindermann, Inhaber der Gewerbepark Hüsten GmbH, vernichten in der Kölner Südstadt bezahlbaren Wohnraum und haben eine Familie aus ihrer Wohnung geklagt. Familie Montag wohnte über 27 Jahre in ihrer Wohnung. Am ersten September 2015 wurde die Familie dann gezwungen ihre Wohnung zu verlassen, weil die Firma von Herrn Gieraths mit der gezahlten Miete nicht genug Gewinn erzielen konnte. Das Haus am Kartäuserwall 14 soll abgerissen werden, stattdessen sollen zwei moderne Stadthäuser gebaut werden, mit einem Wert von, 750.000 Euro pro Haus. Familie Montag versuchten über vier Jahre sich gegen den Abriss zu wehren und hatte selbst ein Kaufangebot von 350.000 Euro abgegeben welches vom Vormund des ursprünglichen Eigentümers abgelehnt wurde. Unter dubiosen Umständen, kaufte die Hüsten GmbH, also Herr Gieraths, 2009 das Haus zu einem Spottpreis von 310.000 Euro, über den gesetzlichen Vormund des eigentlichen neunzigjährigen Eigentümers Kurt Bimmer, den Anwalt Ralf Engels.
Nachdem Familie Montag am 3. September den Schlüssel abgeben musste, wurde das Haus am 4.Sep besetzt mit dem Ziel, auf die prekäre Wohnungssituation in der Südstadt, aufmerksam zu machen und den Abriss des völlig intakten Hauses zu verhindern. In den vier Wochen der Besetzung stellte sich Herr Gieraths, in Gesprächen mit den Besetzer*innen, immer wieder als Saubermann dar, mit Argumenten wie: er wolle keinen Wohnraum vernichten sondern er würde dafür sorgen das Wohnraum entsteht. Vier Wochen nach der Besetzung wurde das Haus von der Polizei geräumt . Direkt nach der Räumung begann, ein von der Fa. Hüsten beauftragter Bautrupp, das Haus zu verwüsten und zerstören (Fußböden und Treppenhaus, sanitäre Einrichtungen und elektrische Leitungen). Es folgte die Zerstörung des Dachs und der Fenster, um so Tatsachen zu schaffen und das Haus unbewohnbar zu machen. Seit dem ruht die Baustelle am Kartäuserwall 14. Ungereimtheiten bei der Erteilung der Baugenehmigung, sind nach wie vor Thema zwischen Anwält*innen, Bewohner*innen des Kartäuserwalls 18 und dem Bauaufsichtsamt.
Unsere Forderungen bleiben bestehen! Keine Luxusneubauten anstelle von bezahlbarem Wohnraum.
Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage !!!
Thomas Wagner, wohnhaft: Taunusstr. 22, Köln – Gremberg
Ihr Nachbar Thomas Wagner, Eigentümer der Rolshoverstr.98, vernichtet in Kalk Wohnraum. Am 30.September musste eine große Wohngemeinschaft aus dem Haus ausziehen, weil der Eigentümer mit der klassischen Eigenbedarfslüge der WG, die einen 26 jährigen Mietvertrag hatte, gekündigt hat. Sein eigentlicher Plan ist jedoch das Haus zu sanieren und eine Wohngemeinschaft mit separaten Mietverträgen nach seinem eigenen Gutdünken teurer zu vermieten. Die Bewohner*innen versuchten selbst das Haus zu kaufen, was jedoch abgelehnt wurde. Am 2. Oktober wurde das Haus, direkt nach der Entmietung besetzt, um darauf aufmerksam zu machen, dass auch hier wieder bezahlbarer Wohnraum zerstört wird und zu versuchen dies zu verhindern.
Ziemlich schnell wurde jedoch, auf Antrag des Eigentümers, von der Polizei geräumt. Viele Jahre war das Haus ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, was vielen Menschen mit wenig Geld, seit 1989, bezahlbares Wohnen ermöglichte. Herr Wagner treibt somit die Politik der Vertreibung weiter voran und profitiert davon. Solange eben diese Art von Mietervertreibung aus den Kölner Veedeln passiert werden sich Nachbar*innen und Betroffene gegen diese Zustände wehren.
Ihr Nachbar Herr Thomas Wagner ist zudem der Architekt der Luxussanierung des ehemaligen Wohnprojektes in der Robertstr. 12. Auch hier wurden die Mieter des Projektes unter ähnlichen Bedingungen zum Auszug gezwungen.
Unsere Forderungen bleiben bestehen! Keine Luxusneubauten anstelle von bezahlbarem Wohnraum.
Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage !!!
Klaus G. Sack, wohnhaft: Arnoldsstr. 16, Köln Deutz
Um langjährige Mieter loszuwerden und das Haus ungehindert umbauen zu können, ließ ihr Nachbar, der neue Eigentümer Klaus G. Sack ab Juni 2009 das Gebäude Im Ferkulum 13 vollständig entkernen und nahm den Einsturz des bewohnten(!) Hauses in Kauf.
Nach einem verzweifelten Anruf der Bewohner inmitten der Baustelle besichtigte das Bauaufsichtsamt am 28.12.2009 das Haus und ordnete die sofortige Räumung wegen akuter Einsturzgefahr an. „Die Statik des Gebäudes wurde extrem in Mitleidenschaft gezogen.
Es wurden Öffnungen in tragende Wände hergestellt, die unsachgemäß überdeckt wurden, Deckenelemente entfernt, Abstützungen vorgenommen, die nicht fachgerecht ausgeführt wurden. (…) Der Bereich in dem die Umbauarbeiten stattfinden ist mangelhaft gegen die noch wohnhaften Mieter abgesichert. Hier besteht Gefahr für Leib und Leben. Aus diesen vorgenannten Gründen wurde das Gebäude für unbewohnbar erklärt und die noch verbliebenen 2 Wohnparteien in Notunterkünfte untergebracht und das Gebäude versiegelt.“ (Aus dem Bericht der Bauaufsicht vom 28.12.2009)
Nach der Räumung des Hauses behauptete ihr Nachbar Klaus G. Sack, die Statik des Hauses sei nicht durch seine Umbaumaßnahmen gefährdet worden. Er machte stattdessen den (mittlerweile verstorbenen) Künstler Peter Christmann verantwortlich, der vor dem Kauf des Hauses im Juni 2008 ein Atelier im Erdgeschoss des Hauses hatte. Ein Vorwurf, den die Frau des Verstorbenen aufs Schärfste zurückweist. Wer tot ist, kann sich vor Gericht schlecht zur Wehr setzen. Tatsächlich gibt es zahlreiche Zeugen für die 2009 durchgeführte „Kaputt-Sanierung“ im Auftrag von Klaus G. Sack, inzwischen seit 2009 auch Mitgeschäftsführer der Metropol Real Estate Management GmbH (siehe Projekte C30 und Gürzenich-Quatier).
Die Familie Cinci, die über 40 Jahre im Ferkulum 13 wohnte, lebte über ein Jahr in einer Obdachlosen-Unterkunft. Mit einer lächerlichen Abfindung von 5000,- Euro wollte sich Herr Sack des Problems entledigen. Die Familie lehnte ab. Klaus G. Sack forderte daraufhin den endgültigen Rausschmiss der Familie Cinci und ihrer Habseligkeiten aus ihrer kleinen Zweizimmerwohnung !
Der Hauseigentümer selbst wäre beinahe ungeschoren davon gekommen, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren gegen Klaus G. Sack (Vorwurf Baugefährdung) 2010 ohne jegliche Ermittlungen eingestellt.
Erst eine erneute Klage der dann obdachlosen Familie Cinci, aus dem Ferkulum 13, hatte 2011 die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihn erzwungen. Im folgenden Zivilprozess haben sich die Cincis unter subtilem Druck des Richters auf eine, nur dem Eigentümer nützende Einigung, eingelassen. Diese besagte ein Wiedereinzugsrecht nach der Luxussanierung, (die überdies nicht fachgerecht umgesetzt wurde) mit einem ab dem 1.10.2015 in Kraft tretendem Staffelmietvertrag. Seit dem 1.10.2012 wohnen die Cincis nun wieder in einer kleinen Wohnung im Ferkulum 13, für 350,- plus Nebenkosten. Jetzt am 1.10.2015 hat sich die Miete direkt um 11,5% erhöht und wird es den Cincis in Zukunft sehr schwer machen, weiterhin in dem Haus zu bleiben, dass sie schon über 40 Jahre ihr Zuhause nennen.
Wir fordern die Rücknahme der Mieterhöhung und einen unbekümmerten Lebensabend für die Familie Cinci im Ferkulum 13. Unsere Forderungen bleiben bestehen! Keine Luxusneubauten anstelle von bezahlbarem Wohnraum.
Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage !!!